"Costa Fortuna" in Katakolon, Griechenland
Bari (Italien) - Katakolon/Olympia (Griechenland) - Santorini (Griechenland) - Rhodos/Lindos (Griechenland) - Dubrovnik (Kroatien)
13. - 20. Juni 2011
Was erwarten Sie von einer Kreuzfahrt?
- Seelisch und körperlich entspannende, unvergessliche, vielleicht sogar irgendwie romantische Tage in Gesellschaft gebildeter Menschen mit Anstand, Umgangsformen, Geschmack und der Fähigkeit zu niveauvollem Small Talk?
- Oder fühlen Sie sich nach 2½-stündigem Check-In lieber aufgehoben "wie daheim"... an einem sonnigen Samstagvormittag in der Fußgängerzone Ihrer Heimatstadt, irgendwo zwischen H & M, New Yorker, Hally Gally und Tchibo? Erbarmungslos und unausweichlich dem Anblick mehr oder minder menschlicher Fleischberge ausgesetzt? Körper, die einerseits so anmaßend wie schamlos-gleichgültig Überfluss und Wohlstand in all seiner anstößigen Scheußlichkeit, andererseits schrankenlose Geschmacklosigkeit sowie das völlige Fehlen jedweden Formgefühls und Stils in Form quellender Bäuche, wallender Hüftringe und vielschichtig übereinander gefalteter Hautlappen erbarmungslos offen zur Schau tragen? Oben herum durch oftmals viel zu wagemutige, meist grellbunte Gewänder mehr oder minder gnädig verborgen, unten herum unerbittlich haarige, weiße, blauädrig geschmückte Säbelbeine freigebend, die mit in Badeschlappen (Neudeutsch: Flip-Flops) oder quietschebunten Crocks bewehrten, hornhautüberzogenen Füßen mit wurzeligen Zehen und hornigen, an Chipsletten erinnernde Fußnägel enden, mit denen sie dann Bars, Restaurants und Geschäfte jeder Klasse und Güte okkupieren.
Wie dinieren Sie gerne?
- Im distinguierten Rahmen eines professionell aufmerksamen, gleichsam angenehm dezent zurückhaltenden Service?
- Oder eingebettet in eine turbulent bis hektische, durch ihre Dominanz den vorbestimmten Ablauf aller Geschehnisse unabänderlich bestimmende Massenfütterungsmaschinerie?
Wie definieren Sie Ambiente und Unterhaltung?
- Mit dezenter, unaufdringlicher Lounge-Music? Mit einschmeichelnden Hintergrund-Melodien? Mit gemütlichen Sitz-Ecken, in denen Sie entspannt und geborgen einen oder auch mehrere Drinks genießen können?
- Oder mit einer allgegenwärtigen, nicht enden wollenden, brutal lärmenden, trampelnden, schreiend-hektischen Dauerbeschallung, der Sie nirgendwo zu entkommen vermögen? Mit "Animationen" und alkoholgeschwängerten Veranstaltungen auf einem Niveau, das der Unterstellung fortgeschrittener Geisteskrankheit gleicht? Mit Entertainment Highlights wie dem Hühnertanz, Polonäsen, hysterisch laut gekreischten Bingo-Veranstaltungen, endlosem "Hossa Hossa"-Gedöns, D. J. Ötzi und Ballermann-Schlagern...?
Flanieren Sie gerne?
- Flanieren Sie gerne Hand in Hand mit der Dame Ihres Herzens über die verschiedenen Decks Ihres schwimmenden Hotels und schauen, was es Nettes zu entdecken gibt?
- Oder bevorzugen Sie es, sich tagein tagaus eingerahmt in schweißtreibendes Gedränge und Geschubse hin- und her wälzender Menschenmassen übereifrig bis lästiger Schiffs-Fotografen zu erwehren und sich zwischen als Pizza, als Baby mit Schnuller im Mund oder als Clown mit neon-grün-gelber Perücke kostümierten Crew-Mitgliedern, Kinderwagen und Orientierungslosen entlang applizierbare Jugend und Schönheit präsentierender Cremchen- und Puder-Verkäuferinnen hindurchdurchzuschieben? Zu allem Überfluss durch aufgereihte Schmuck- und Taschen-Schnäppchen-Wühltische künstlich verengte Gänge?
Genießen Sie gerne interessante Landausflüge?
- Genießen Sie gerne informative und lehrreiche Landausflüge, während derer Sie einen kleinen Touch Kultur und Lebensart des jeweils besuchten Gastlandes und seines Volkes mitbekommen?
- Oder macht es Ihnen mehr Spaß, als Teil einer Gruppe inmitten eines Dutzend zwar anderssprachiger, aber nicht minder vom jeweiligen Tour Guide abhängiger Gruppen, mit grob 60 Minuten Zeit ausgestattet, im Laufschritt durch eine punktuell ausgesuchte Sehenswürdigkeit zu hasten? Vorbei an den "Eingeborenen", die Sie eigentlich zu studieren gedachten? Deren tiefgründige Blicke ihre Gedanken über die Blitztouristen des soeben eingelaufenen Kreuzfahrtschiffes unschwer erahnen lassen. Die dem Ansturm von ein- oder zweitausend Menschen gleichzeitig im viel zu engen, weil antiken Gassengewirr ihrer Altstadt aber trotz allem tapfer ein bewunderswertes Maß an mehr oder minder ausgeprägter nativer oder zumindest geschäftsfördernder Freundlichkeit entgegenhalten, mit einem Auge auf den feilgebotenen Kulturgütern dieses fremden Volkes, während das andere immer etwas unsicher im Menschengewühl das von der ortskundigen Führerin gelegentlich weit vorne in der Menschenmenge hochgehaltene "Costa"-Schild sucht, die mal mehr, mal weniger enthusiastisch, fast immer aber unerbittlich eilig ein augenscheinlich wenig üppig entlohntes Pflichtprogramm mit den von ihr Abhängigen abspult - denn trotz bereits geleisteter Vorab-Bezahlung der Exkursionen kommen Sie dem aufgehaltenen Hut am Ende nicht aus. Was an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben sollte: Die nicht ohne Vorfreude zu erregen angekündigte Verköstigung in Bari, Italien, mit "landestypischen Spezialitäten" bestand aus einer Kelle lieb- und stillos auf einen Plastikteller geklatschten lauwarmen Nudeln und einem Glas Wasser aus einem Plastikbecher - beides auf der brennend heißen Stadtmauer ohne Aussicht auf Schatten im Stehen zu genießen. Ganz zu schweigen von Sitzplätzen, da diese noch allesamt von der vorhergehenden Gruppe okkupiert waren.
Lust auf Meer bekommen? Und Costa?
Aber gerne doch:
- Im Frühstücksrestaurant "Michelangelo" herrschte Kaffee-Notstand, der selbst durch groteske Winkbewegungen und flehende Blick-Kontaktaufnahme mit diversen Kellnern meinerseits nicht nachhaltig ausräumbar schien. Ich habe das Restaurant danach nicht mehr aufgesucht, da auch die Qualität des eher lieblosen Frühstückbuffets dort bestenfalls "so la la" war.
- Der Kaffee im SB-Frühstücksrestaurant hingegen war unterirdisch schlecht - was mitunter aber kaum ins Gewicht fiel, da inmitten des Haupt-Frühstück-Hypes, z.B. am Samstag dem 18. Juni 2011, dem Tag auf See, um 8:30 Uhr morgens 2 Kaffeemaschinen auf "Washing Mode" befanden, eine dritte "empty" zeigte und die vierte zwischen den kurzen betriebsbereiten "Brewing"-Zyklen mit dem Symbol einer durchgestrichenen Kaffetasse auf dem Display um die Gnade einer Pause bat. So blieb also nur noch der kostenpflichtige Kaffee an einer der Bars.
- So positiv, zuvorkommend und professionell ich die Kabinen-Crew und vor allem die Crew im Abendrestaurant empfand, so ungern erschienen mir die Teams an den Bars ihren Job zu machen. Sie bedienten durchweg lustlos, maulfaul und mit unangemessen blasierter Mimik.
- Die mittägliche Viehfütterung - ich kann es nicht anders nennen - im Selbstbedienungsrestaurant war würdelos und unerträglich. So etwas Gewöhnliches und Stilloses kann ich mir nicht einmal beim Tag der offenen Tür im McDonalds bei um 50% reduzierten Preisen auf alle Burger und Pommes vorstellen. Alleine schon dafür gehören der Costa Fortuna 2 der 4 Sterne abgezogen.
- Das (kostenfreie) Wasser aus den Automaten des Selbstbedienungsrestaurants erschien chloriert. Auf alle Fälle stank es, und es war im Grunde nicht genießbar.
Ein Fazit?
- Sind Sie jetzt Realist?
- Oder noch immer blauäugig? Dann buchen Sie Costa... es wird Sie in die schäbige Realität der Massentourismusindustrie zurückführen!
Warum diese Schilderung?
Nun, nachdem die deutschsprachige Reisebegleitung den auf dem Dampfer mitreisenden Groß-, Klein- und anderweitig sprachverwandten Germanen im Rahmen einer Informationsveranstaltung quietschvergnügt mitteilte, dass man beim Abschluss-Fragebogen im Grunde nur die Bewertung "exzellent" anzukreuzen brauche, um der Crew ein "Danke" zu sagen, weil die automatisierte Scan-Software ohnehin so programmiert sei, dass alle anderen Bewertungen nicht evaluiert würden, bleiben weniger glücklichen Kunden nicht allzu viel andere Möglichkeiten.
Die Muttergesellschaft interessiere lediglich, wie nahe man dem Ranking "exzellent" am Ende statistisch betrachtet kommt, hieß es. Davon abweichende Kundenmeinungen (und deren Begründungen) interessieren augenscheinlich nicht.
Bezeichnend, nicht?
Asphaltiert man so nicht den Holzweg, auf dem man sich befindet?